Rüstungsaktien sind die neuen Anlegerlieblinge
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Trendthema Verteidigung
Raus aus der Schmuddelecke, rein in die Depots? Rüstungsaktien sind die neuen Anlegerlieblinge
Die neue Bedrohungslage in der Welt hat eine Kursrallye bei Rüstungsaktien ausgelöst. Ein kurzer Überblick über Investitionschancen und den aktuellen Zeitgeist zu Panzern & Co.
Gehen wir einfach einmal fünf Jahre zurück. Im März 2020 begab sich Deutschland verunsichert in den ersten Corona-Lockdown, in den USA polterte Donald Trump durch seine erste Amtszeit und die Aktie der Düsseldorfer Rüstungsschmiede Rheinmetall (ISIN: DE0007030009) dümpelte im zweistelligen Bereich. Das Thema „Verteidigung“ war damals eher untergeordnet. Wer sich – wie viele, vor allem junge Erst-Anleger – damals ein Depot bei einem Neobroker eingerichtet hatte, ging nach dem großen Crash eher auf die sich abzeichnenden Corona-Gewinner wie zum Beispiel Amazon, Netflix oder Biontech. Rüstungsaktien? Uninteressant.
Zeitenwende: Jetzt ist alles anders
Im Jahr 2025 hat sich die Weltlage allerdings radikal verändert. Ja, Donald Trump ist wieder da – und mit ihm neue Unsicherheiten, die nicht nur die Börsen verrückt spielen lassen. Um die Ukraine militärisch gegen Russland zu stärken, aber auch, um die eigene Verteidigungsfähigkeit auszubauen, will die EU in den kommenden vier Jahren ganze 800 Milliarden Euro in die Aufrüstung investieren. Denn die Angst vor Russland ist groß – und die Rolle der USA fraglich. Auch Deutschland ergibt sich der Trendwende. Nachdem die Schuldenbremse gelockert wurde, stocken 500 Milliarden Sondervermögen die Staatsfinanzen auf. Mit dem Finanzpaket soll die marode Infrastruktur modernisiert – und in die Verteidigung investiert werden.
Die Rheinmetall-Aktie? Notiert nach einer sagenhaften Rallye bei 1.350,50 Euro (Stand: 27.03.2025). Marketscreener weist ein KGV (2025, geschätzt) von 47,5x aus, die durchschnittliche Analystenempfehlung lautet „Kaufen“ (von 15 erfassten Analysten 9 x Kaufen, 4 x Aufstocken, 2 x Halten, 1 x ohne Meinung). Das mittlere Kursziel wird mit 1.530,47 Euro angegeben. Auch wenn solche Analysteneinschätzungen keine steigenden Kurse garantieren: Anleger greifen weiterhin gerne zu, Rheinmetall zählt etwa bei der Börse Frankfurt, bei gettex oder auch bei SMARTBROKER+ zu den meistgehandelten Aktien.
Chart Rheinmetall Aktie 02.04.2020 - 02.04.2025. Quelle: Wallstreet-Online, Wertangaben der Vergangenheit sind kein Indikator für künftige Ergebnisse.
Einen ähnlichen Boom bei Beachtung börsentypischer Schwankungen erleben Titel wie zum Beispiel Renk (ISIN: DE000RENK730) oder Hensoldt (ISIN: DE000HAG0005) – die Branche freut sich über volle Auftragsbücher. Wer auf den Zug aufspringen möchte, sollte sich die Aktien aber weiterhin sehr genau ansehen. Denn auch wenn Rüstungsaktien gerade sehr gefragt sind, bleiben solche Investments risikobehaftet. Die jüngste Achterbahnfahrt von Steyr Motors (ISIN: AT0000A3FW25) zeigt eindrücklich, wie schnell der Kurs nach oben ausbrechen oder eben abstürzen kann.
Auch ETF-Anbieter entdecken das Thema Rüstung
Wem Einzelaktien generell zu riskant sind: Viele Fonds- und ETF-Anbieter haben die Zeichen der Zeit erkannt und bieten breit gestreute Anlagemöglichkeiten zu den Themen Verteidigung und Sicherheit an.
Ein Beispiel wäre der im Dezember vergangenen Jahres aufgelegte LBBW Sicher Leben (ISIN: DE000LB6B0M7, weitere Informationen und Dokumente direkt beim Anbieter einsehen). Der Themen-Aktienfonds bündelt Einzelwerte aus den Bereichen Cybersecurity, Sicherheit und Verteidigung. Zu den Top-Werten im Portfolio zählen laut Factsheet aktuell GE Aerospace, RTX Corp., Broadcom, Palantir Technologies – und zum Beispiel Rheinmetall. Als Ausschüttungstermin ist der 16.11. angegeben.
Wer lieber einen ETF aus diesem Bereich in die eigene Anlagestrategie aufnehmen möchte, findet mittlerweile ebenfalls eine Auswahl am Markt.
Der VanEck Defense UCITS ETF (ISIN: IE000YYE6WK5, weitere Informationen und Dokumente direkt beim Anbieter einsehen) ist seit Ende März 2023 erhältlich und bietet ebenfalls einen Mix aus Verteidigung, Cybersicherheit und verteidigungsrelevanten Dienstleistern. Der Index umfasst 28 Positionen, darunter Thales, Leonardo, Palantir Technologies, Leidos Holdings und Hanwha Aerospace. Regional dominieren US-Titel (52,37 %) im Index. Die Indexnachbildung erfolgt physisch, d.h. die enthaltenen Titel werden vom ETF „in echt“ gekauft und nicht synthetisch über Tauschgeschäfte nachgebildet. Laufende Ausschüttungen gibt es nicht, Erträge werden reinvestiert (thesaurierende Ertragsverwendung).
Ein weiteres Beispiel wäre der ganz frisch am 04.03.2025 gelaunchte WisdomTree Europe Defence UCITS ETF (ISIN: IE0002Y8CX98, weitere Informationen und Dokumente direkt beim Anbieter einsehen). Im von WisdomTree eigens entwickelten Index sind ausschließlich europäische Unternehmen aus dem Verteidigungssektor. Zu den ebenfalls physisch vollreplizierten Titeln zählen zum Beispiel Thales, Rheinmetall, Leonardo, Airbus, Rolls-Royce-Holdings oder auch Hensoldt. Erträge werden auch hier wiederangelegt.
Keine risikofreien Investments
Auch wenn die geopolitische Lage einen regelrechten Hype ausgelöst hat und immense Staatsgelder in den Sektor fließen sollen, sind Rüstungsaktien keine sicheren Investments. Gerade weil die Kurse schon stark gestiegen sind, stellt sich die Frage, ob einzelne Aktien überbewertet sein könnten. Im Markt wird zudem schon die Frage gestellt, ob wir es hier mit einer Blase zu tun haben könnten. Das Interesse bei den Anlegern ist jedenfalls vorhanden – das zeigen auch die Summen, die die beispielhaft aufgeführten Fonds und ETFs bislang in kurzer Zeit eingesammelt haben: Obwohl alle drei Produkte erst vor kurzem aufgelegt wurden, verwaltet der LBBW-Fonds schon mehr als 26 Millionen Euro, der VanEck-ETF 3.836 Millionen Euro und der WisdomTree-ETF 532 Millionen Euro.
Das ETF-Angebot insgesamt ist allerdings riesig und viele neu aufgelegte Produkte halten sich nicht lange am Markt. Auch das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man sich zum Beispiel für einen neu aufgelegten ETF entscheiden möchte. Zudem gibt es somit auch keine Wertentwicklungshistorie. Diese ist zwar keine Garantie für die weitere Entwicklung, erlaubt aber Rückschlüsse darauf, wie sich der Kurs in verschiedenen Börsenphasen entwickelt hat.
Zwischen Tabu und Nachhaltigkeit
Der neue Stellenwert von Verteidigung macht, so könnte man sagen, auch Rüstungsunternehmen nahezu über jeden Zweifel erhaben. „Rheinis kaufen? Einen Hebel auf Rheiner? Mach mal, Brudi“ – die Reddit-User pflegen längst einen eigenen Börsenslang. Klar: Viele Trader möchten hier Kurschancen mitnehmen, doch vielleicht spielt für den ein oder anderen auch der Gedanke eine Rolle, damit etwas für die Verteidigungsfähigkeit zu tun. Denn immerhin: Mit einer Aktie wird man Miteigentümer eines Unternehmens.
In solche Überlegungen passt auch, dass seit geraumer Zeit diskutiert wird, Rüstungsunternehmen als nachhaltig einzustufen. Denn: Waffen sind zwar unbestritten zerstörerisch, können aber anderseits auch Frieden und somit Nachhaltigkeit sichern oder erst ermöglichen. Die EU-Wertpapieraufsicht ESMA jedenfalls hat im Mai 2024 Leitlinien veröffentlicht, die sich auf Fondsnamen beziehen. Wie einem beim Fondsverband BVI veröffentlichten Interview (Stand: 20.09.2024) mit der Nachhaltigkeitsexpertin beim BVI, Dr. Magdalena Kuper, zu entnehmen ist, sind durch die definierten EU-Mindeststandards „lediglich völkerrechtlich geächtete Waffen, wie zum Beispiel Streubomben, chemische und biologische Waffen, in als nachhaltig bezeichneten Fonds verboten.“ Offen sei demnach, inwiefern nachhaltige Fonds dann auch tatsächlich in Rüstungsaktien investieren würden.
Doch egal, ob man sich Rüstungstitel nun trotz oder wegen solcher Einschätzungen kaufen möchte: Die genaue Analyse von Fundamentaldaten, Chartverläufen und den weiteren politischen Entwicklungen kann dies nicht ersetzen.
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